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Diese Biographie wurde uns für das Schülerprojekt im Rahmen des Jenö-Konrad-Cup 2024 freundlicherweise von Herrn Bernd Siegler zur Verfügung gestellt:

 

Odenwald, Robert Paul Dr.

* 25. 6. 1899, Karlsruhe

† 17. 7. 1965, Washington D.C. (US)

 

Am 1. März 1929 trat Robert Odenwald in die Tennisabteilung des 1. FC Nürnberg ein. Im Februar 1930 übernahm der Nervenarzt die »sportärztliche Beaufsichtigung« der Wettschwimmer und Wasserballer. Laut Vereinszeitung sorgte Odenwald dafür, dass »vor allem Jugendliche in ihrer Entwicklung durch vielleicht etwas zu eifriges Training vor etwaigen gesundheitlichen Schäden bewahrt bleiben«.

 

Am 30. April 1933 entfernte der FCN Odenwald aus der Mitgliederliste und markierte dies auf seiner Karteikarte mit dem Stempel »30. APR. 1933«. Den letzten Beitrag hatte er für das erste Quartal 1933 bezahlt.

 

Der Facharzt Dr. Robert Paul Odenwald wurde am 25. Juni 1899 in Karlsruhe als zweiter Sohn des Karlsruher Fabrikanten Ferdinand Odenwald und seiner Ehefrau Mathilde (geb. Strauß) geboren. Ferdinand Odenwald war Besitzer der »Chemischen Fabrik«, einem Hersteller von Lacken für Industrie und Gewerbe, Parkettwachs-, Fabrik- und Maschinenöl. Die jüdische Familie lebte in Karlsruhe.

 

Während sein Bruder Ludwig ein Studium der Chemie absolvierte, studierte Robert Odenwald Medizin. Er zog am 24. April 1928 von Berlin nach Nürnberg und ließ sich dort am 1. Oktober 1928 als Facharzt für Nervenleiden nieder. Seine Praxis hatte er in der Obstgasse 2 am Hauptmarkt und ab 1935 in der Steinbühler Straße 12.

 

Am 25. Juni 1931 starb Robert Odenwalds Mutter, er ließ sich katholisch taufen und heiratete am 29. November 1933 in Nürnberg die Katholikin Margarete Cäcilie Scharf. Am 30. März 1934 kam Sohn Ferdinand (laut Meldedatei ein »Mischling 1. Grades«) und am 19. August 1935 Tochter Petra Marie zur Welt, die jedoch am 5. April 1937 in Erlangen verstarb.

 

Eindringlich schilderte Robert Odenwald handschriftlich in seinem Antrag beim Landesentschädigungsamt den wirtschaftlichen Abstieg durch die seit der Machtübernahme der Nazis zunehmende Diskriminierung. Ab dem 1. April 1933, für den die neuen Machthaber landesweit zum Boykott jüdischer Geschäfte, Warenhäuser, Banken, Arztpraxen, Rechtsanwalts- und Notarkanzleien aufgerufen hatten, habe er demnach fast durchweg vom Ersparten und dem Geld seiner Schwiegereltern gelebt. »Ich hatte als Kunden nur einige wenige jüdische Arbeiter. Als bekannt wurde, dass ich getauft war, hatte ich gar keine jüdischen Kunden mehr. Die Christen kamen auch nicht mehr zu mir, da ich in deren Augen Jude war. Ich wurde von allen Seiten boykottiert.« Der Ausschluss von der kassenärztlichen Tätigkeit geschah offiziell am 21. August 1935 »wegen Sabotierung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses«. Im August 1936 gab Odenwald, der inzwischen am Theresienplatz 7 wohnte und arbeitete, seine Praxis auf und bereitete die Emigration mit Frau und Kind vor.

 

In der städtischen Meldedatei wurde am 8. Januar 1937 vermerkt: »Lt. Erhebung vom 31. 12. 36 seit 6 Monat. n. New York ausgewa.(ndert)«.

 

Am 6. August 1936 fuhr Robert Odenwald von Hamburg aus mit dem Schiff »New York« in die USA. Da er nur ein Besuchsvisum hatte, musste er wieder ausreisen und mit einem Einwanderungsvisum erneut einreisen. Das machte er am 24. Februar 1937 – er fuhr von New York nach Mexiko und reiste von dort nach El Paso in die USA ein.

 

In New York hatte er bis dahin als Krankenwärter und unbezahlter Hilfsarzt gearbeitet. In Passaic in New Jersey, etwa 20 Kilometer von Manhattan entfernt, machte er ein Praktikum am St. Mary’s Hospital, lernte Englisch und absolvierte sein amerikanisches Examen. Am 9. Juli 1937 kamen seine Frau und sein Sohn mit dem Schiff »Deutschland« von Hamburg nach New York.

 

1938 ließ sich Robert Odenwald in Suffern im Rockland County im Bundestaat New York nieder. »Erst ab 1939 hatte ich eine ausreichende Lebensgrundlage«, schrieb er im Entschädigungsverfahren und machte durch den Verlust der kassenärztlichen Tätigkeit einen Schaden von 8.000 bis 10.000 Reichsmark geltend. In den Akten wurden am 20. Juli 1960 nur Entschädigungszahlungen für die Auswanderungskosten von 600 DM erwähnt.

 

Als Robert Paul Odenwald im Februar 1942 für die US-Army registriert wurde, hatte er immer noch seine Praxis in Suffern. Er machte Karriere als Psychiater, zog nach Washington D.C. und arbeitete dort an der Katholischen Universität von Amerika. Zuletzt war er Leiter des Kinderzentrums und Assistenzprofessor für Psychiatrie.

 

1963 erschien seine 51-seitige Schrift Der wunderbare Lauf des Lebens beim christlichen Verlag Butzon & Bercker in Kevelaer als Übersetzung aus dem Amerikanischen. Der Originaltitel lautete How you were born.

 

Dr. Robert P. Odenwald starb am 17. Juli 1965 in Washington D.C. im Alter von 66 Jahren.

 

Quelle: 

Siegler, Bernd (2022): Heulen mit den Wölfen. Der 1.FC Nürnberg und der Ausschluss seiner jüdischen Mitglieder. Fürth: starfruit publications

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© SFZ Jean-Paul-Platz - letzte Aktualisierung 27.09.2025