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Diese Biographie wurde für das Schülerprojekt im Rahmen des Jenö-Konrad-Cup 2024 freundlicherweise von Herrn Bernd Siegler zur Verfügung gestellt:

 

Neuburger, Hedwig

* 17. 5.1892, Nürnberg

† unbekannt, Riga-Jungfernhof (LV)

 

Hedwig Neuburger spielte Tennis beim Club, auf ihrer Mitgliedskarte ist das Eintrittsdatum nicht vermerkt. Hedwig wurde nur als »Frau Neuburger« geführt und bezahlte ab Januar 1928 allmonatlich und seit Januar 1932 jeweils im Quartal bis März 1933 ihre Mitgliedsbeiträge. Bei ihr verzichtete man in der Mitgliederkartei auf den Stempel »30. APR. 1933« – vielleicht aus Respekt, weil ihr Mann, der jüdische Rechtsanwalt Dr. Leopold Neuburger, ehemaliger Vereinsvorsitzender war.

 

Hedwig Neuburger wurde am 17. Mai 1892 in Nürnberg als Tochter des jüdischen Kaufmanns Ernst Berlin und seiner Frau Rosa (geb. Hanau) in Nürnberg geboren.

 

Sie wuchs mit drei Brüdern auf: Friedrich Wilhelm, Hans Ludwig, der im Ersten Weltkrieg 1914 an der Ostfront fiel, und Robert, der bereits am 21. Mai 1909 im Alter von zehn Jahren starb.

Am 3. November 1913 heiratete Hedwig Berlin in Nürnberg den Rechtsanwalt Dr. Leopold Neuburger. Dieser war der Sohn des jüdischen Kaufmanns Salomon Neuburger und seiner Frau Auguste (geb. Lerchenthal) und amtierte von 1912 bis 1914 und dann noch einmal von 1919 bis 1921 als Vorsitzender des

1. FC Nürnberg.

 

Das Paar wohnte am Prinzregentenufer 3 und bekam zwei Kinder: Kurt (* 1. 11. 1914, Nürnberg) und Hilde (* 14. 11. 1919, Nürnberg). Kurt besuchte das Königliche Alte Gymnasium Nürnberg, das heutige Melanchthon-Gymnasium. Er wurde am 1. Oktober 1924 ebenfalls Mitglied des 1. FC Nürnberg und war in der Leichtathletikabteilung. Beim Ausschluss der jüdischen Mitglieder zum 30. April 1933 wurde er offenbar übersehen. Die Club-Mitgliedsverwaltung holte diesen Schritt am 31. Dezember 1933 mit einem entsprechenden Stempel in der Rubrik »Austritt« nach.

Hedwig Neuburgers Vater starb am 25. November 1921. Am 25. Juli 1928 starb ihr Mann im Alter von nur 47 Jahren. Beim Club war man schockiert:

 

»Tief erschüttert und im Innersten ergriffen, stehen auch wir vom 1. FCN an dieser Bahre. Jäh wurde das Leben unseres Dr. Neuburger zerbrochen. […] Dr. Neuburgers Verdienste um den 1. F.C.N. als treues Mitglied, bahnbrechender und zielsicherer Führer und begeisterter Mitarbeiter sind so innig mit dem sieghaften Aufstieg unseres Vereins verknüpft, daß er sich durch sein Verdienst ein unvergängliches Denkmal gesetzt hat«, hieß es in der Vereinszeitung im August 1928.

 

Hedwig Neuburger, die nun alleinerziehende Mutter zweier Kinder, zog in die Lohengrinstraße 13. Von 1933 an musste die Rechtsanwaltswitwe zusammen mit ihrer Mutter Rosa insgesamt fünfmal innerhalb des Stadtgebietes umziehen – zuletzt in die Virchowstraße 22. Am 8. Juni 1941 starb Hedwigs Mutter Rosa.

Knapp ein halbes Jahr später wurde Hedwig Neuburger deportiert. »Von Amts wegen abgemeldet am 27. 11. 41 nach Riga«, hieß es auf der Meldekarte – eine bürokratische Umschreibung für die Deportation in ein Konzentrationslager. Hedwig Neuburger war unter den 1.008 Juden aus Nürnberg, die am 29. November 1941 nach Jungfernhof nahe Riga deportiert wurden und dort am 2. Dezember 1941 ankamen. Hedwig Neuburger wurde ermordet, sie gilt offiziell als verschollen.

 

Ihr Sohn Kurt wurde laut Meldedatei am 28. April 1933 nach Hamburg abgemeldet. Der Student ging nach London, kehrte aber am 18. September 1934 zu seiner Mutter nach Nürnberg zurück. Am 24. Oktober 1934 wurde Kurt laut Meldedatei »abg.(emeldet) auf Reisen« und emigrierte nach Großbritannien. Als das dortige Tribunal am 8. November 1939 entschied, dass der »Male Enemy Alien« nicht interniert werden sollte, wohnte der Jurastudent im Londoner Stadtteil Bayswater. Dennoch wurde er im Juni 1940 interniert und am 1. November 1940 entlassen.

Tochter Hilde wurde bei der Meldebehörde am 1. September 1936 ohne Ortsangabe und am 13. Januar 1937 nach Lausanne abgemeldet. Sie emigrierte nach England und arbeitete als Hausmädchen. 1939 war sie in Twickenham, Middlesex, gemeldet. Dann verliert sich ihre Spur.

 

Hilde Neuburgers Name steht jedoch auf der 1946 vom Zentralkomitee der Juden in München veröffentlichten Liste der Holocaust-Überlebenden (»Sharit haPlatah«) auf Seite 229 mit der laufenden Nummer 156. Als ihr letzter bekannter Aufenthaltsort ist dort »England« vermerkt.

 

AA; GB-NAI; StadtAN: C 21/X, C 27/II, C 27/III; https://rijo.homepage.t-online.de/pdf/DE_ NU_JU_neuburger_leopold.pdf (aufgerufen am 20. 10. 2021)

 

Quelle: 

Siegler, Bernd (2022): Heulen mit den Wölfen. Der 1.FC Nürnberg und der Ausschluss seiner jüdischen Mitglieder. Fürth: starfruit publications

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© SFZ Jean-Paul-Platz - letzte Aktualisierung 27.09.2025