Diese Biographie wurde für das Schülerprojekt im Rahmen des Jenö-Konrad-Cup 2024 freundlicherweise von Herrn Bernd Siegler zur Verfügung gestellt:
* 27. 9. 1901, Nürnberg
† 28. 11. 1947, Karlsruhe
Am 1. Juni 1932 wurde der Fabrikbesitzer und Diplom-Ingenieur Ludwig Magnus Mitglied des 1. FC Nürnberg, er spielte Tennis. Ein großes rotes »J« für Jude prangte in der rechten oberen Ecke seiner Karteikarte. Am 30. April 1933 entfernte der FCN ihn aus der Mitgliederliste und markierte dies auf seiner Karteikarte mit dem Stempel »30. APR. 1933«. Seinen letzten Mitgliedsbeitrag hatte er für den Monat April 1933 entrichtet.
Der Fabrikbesitzer Ludwig Magnus wurde am 27. September 1901 in Nürnberg als Sohn des Ingenieurs Majer Magnuszew und seiner Frau Getta (geb. Wurzinger) geboren. Am 27. März 1923 heiratete er in Nürnberg Frieda Goldstein aus Marktbreit.
Magnus war Besitzer der »Luma Rasierpinselfabrik« in der Wurzelbauerstraße 10. Im Exportgeschäft war er sehr erfolgreich, so dass Ludwig Magnus viel im Ausland war, etwa in Beirut, Bagdad oder Palästina.
Die Familie wohnte in der Schleiermacherstraße 12. Am 1. Februar 1924 kam Tochter Susanna und am 4. September 1929 Sohn Hans zur Welt. Susanna bezeichnete ihr Elternhaus als »sehr assimiliert und überhaupt nicht fromm«, sowie als »gutbürgerlich, mit Köchin, Kindermädchen und einem großen Garten am Rechenberg«. Sie gehörte dem jüdischen Jugendbund und später der zionistischen Jugendbewegung Habonim (deutsch: »Bauleute der Freiheit«) an und wurde schon vor 1933 auf ihrem Weg in die Bismarckschule als »Judenstinker« verhöhnt oder verprügelt.
1937 reiste Ludwig Magnus mit seiner Frau in die Tschechoslowakei nach Marienbad aus. Einige Wochen später holten sie die Kinder und deren Großmutter nach.
Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich im März 1938 und dem »Anschluss« Österreichs an Deutschland flog die Familie von Prag nach Mailand, wo Ludwig Magnus Geschäftspartner hatte. Von da aus ging es zuerst nach Triest und dann mit dem Schiff nach Palästina. Aufgrund von Unruhen konnten sie nicht wie geplant in Jaffa von Bord gehen, sondern erst in Tel Aviv.
Ludwig Magnus hatte schon von Nürnberg aus ab 1933 geschäftliche Kontakte nach Palästina. Er baute dort eine Pinselfabrik auf, in der auch seine Frau mitarbeitete. »Wir waren nicht reich, lebten in recht guten Verhältnissen und hatten eine schöne Wohnung«, so Tochter Susanna. »Meine Eltern, die sehr kosmopolitan waren, lebten sich problemlos ein.«
In der Nürnberger Meldedatei wurde vermerkt, dass am 7. August 1939 »die ganze Familie ausgewandert« sei. Die Pinselfabrik in Nürnberg wurde arisiert – durch Bekanntmachung vom 30. November 1940 wurden Magnus und seine Frau der deutschen Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt.
1947 fuhr Magnus nach Deutschland, um die Fabrik und das Haus zurückzubekommen. Er fuhr allein, weil sich seine Frau weigerte, deutschen Boden zu betreten. Es gelang ihm, die Fabrik wiederzubekommen, aber »die Verhandlungen in Nürnberg mit den Behörden und seinen arischen Nachfolgern waren für ihn offenbar zu aufregend«, so die Tochter. Ludwig Magnus starb am 28. November 1947 in Karlsruhe im Alter von 46 Jahren an »akuter Herz- und Kreislaufschwäche« – einen Tag, bevor die UN-Vollversammlung für die Teilung Palästinas und damit für einen Staat Israel stimmte.
Auf seinem Totenschein vom 8. Januar 1948 ist als Wohnsitz Tel Aviv / Palästina angegeben. Magnus wurde in Nürnberg beerdigt, was seine Frau aber nicht duldete. So wurde er während der Unruhen in Palästina nach Tel Aviv überführt. Frieda Magnus verkaufte die Firma in Nürnberg, führte das Unternehmen aber in Tel Aviv weiter. Auch Tochter Susanna stieg in die Firma ein und führte sie bis 1991 fort.
Peter Zinke: Flucht nach Palästina – Lebenswege Nürnberger Juden, Nürnberg 2003, S. 228 ff.
D-NJ; https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=13005625 (aufgerufen am 8. 10. 2021); NARA; StadtAN: C 21/X, C 27/IV; StAK-NR-SB
Quelle:
Siegler, Bernd (2022): Heulen mit den Wölfen. Der 1.FC Nürnberg und der Ausschluss seiner jüdischen Mitglieder. Fürth: starfruit publications