Hier finden Sie uns

SFZ Jean-Paul-Platz
Jean-Paul-Platz 10
90461 Nürnberg

Kontakt

Rufen Sie einfach an unter

0911 457581

Fax: 0911 457582

oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Diese Biographie wurde für das Schülerprojekt im Rahmen des Jenö-Konrad-Cup 2024 freundlicherweise von Herrn Bernd Siegler zur Verfügung gestellt:

 

Cahn, Franz Dr.

* 10. 6. 1901, Nürnberg

† 5. 10. 1965, London (GB)

 

Rechtsanwalt Dr. Franz Cahn trat am 1. März 1922 zunächst als passives und dann ab 1929 als aktives Mitglied in die Tennisabteilung des 1. FC Nürnberg ein. Im Februar 1932 wurde auch seine Frau Anna (geb. Kirschbaum) als Mitglied der Tennisabteilung geführt. 1932 war Franz Cahn zweiter Beisitzer im Vorstand des 1. FC Nürnberg und wurde in dieser Funktion im Januar 1933 von der Mitgliederversammlung bestätigt.

Als Vorsitzender der Satzungskommission war Franz Cahn Anfang der 1930er-Jahre maßgeblich an der Ausarbeitung einer neuen Satzung beteiligt, die der Club auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 25. Februar 1931 einstimmig verabschiedete.

 

Insbesondere der Passus, nach dem der Verein »politisch und religiös neutral« sei, wurde von den Nationalsozialisten um Julius Streicher öffentlich mehrfach scharf kritisiert.

 

Zwei Jahre später wurden die Grundregeln dieser Satzung außer Kraft gesetzt, als Cahn und die anderen jüdischen Mitglieder des FCN durch einen Beschluss des Verwaltungs-Ausschusses am 27. April 1933 ihre Vereinszugehörigkeit verloren. Gemäß Vereinssatzung stand dem Vorstand ein Ausschluss von Mitgliedern durch Streichung von der Mitgliederliste nur für den Fall zu, dass ein Vereinsmitglied mit seinen Beitragszahlungen mindestens drei Monate in Rückstand geraten war. Auch bei Cahn wurde der Ausschluss auf seiner Karteikarte mit dem Stempel »30. APR. 1933« vermerkt. Seinen letzten Beitrag hatte er für das erste Quartal 1933 bezahlt.

 

Franz Cahn wurde am 10. Juni 1901 in Nürnberg als letztes von fünf Kindern des jüdischen Rechtsanwalts und Justizrats Dr. Hugo Cahn und seiner Frau Clara Jeanette (geb. Goldschmidt) geboren. Cahn studierte Rechtswissenschaften, machte an der Universität Erlangen seinen Doktor und legte 1927 die Staatsprüfung ab. 1928 erhielt er seine Zulassung als Rechtsanwalt im Oberlandesgerichtsbezirk Nürnberg. Am 7. September 1931 heiratete Franz Cahn Anna »Annie« Kirschbaum, die bei ihm als Haushaltshilfe gearbeitet hatte. Am 1. Juni 1932 kam Tochter Renate zur Welt. Die Familie wohnte damals in der Virchowstraße 22. Die Kanzlei, die Cahn mit seinem Vater betrieb, war am Hefnersplatz 10/3.

 

Franz Cahns Zulassung als Rechtsanwalt wurde am 21. August 1933 zurückgenommen. Am 8. Januar 1936 starb seine Mutter und am 1. April 1936 »verzichtete« sein Vater, der ab 1923 als Honorarprofessor an der Handelshochschule Nürnberg wirkte und Spezialist für Patent- und Urheberrecht war, auf seine Zulassung als Anwalt. Er starb am 27. Mai 1937.

 

Franz Cahn gelang am 14. April 1939 mit Frau und Tochter die Emigration nach Großbritannien. »Abgemeldet nach England mit der ganzen Familie«, hieß es in der Meldekartei der Stadt Nürnberg. In England wohnte die Familie in Old Thatch in Bourne, Buckinghamshire. Cahn arbeitete zunächst als Chauffeur und Gärtner.

 

Obwohl das Tribunal am 6. Oktober 1939 entschied, dass er von der Internierung ausgenommen wäre, war er als feindlicher Ausländer bis 18. April 1941 im Mooragh Camp in Ramsey im Norden der Isle of Man interniert (Kategorie B). In dem Camp waren 1.100 Deutsche und Österreicher, darunter viele jüdische Flüchtlinge, interniert. Es bestand aus rund 30 Wohnhäusern und Hotels an der Mooragh Promenade, welche die englische Regierung beschlagnahmt hatte, und war von einer Doppelreihe Stacheldraht umgeben. Im Camp gab es Werkstätten, eine Bibliothek und eine Lagerzeitung – The Mooragh Times, die unter dem Titel Voices Behind Barbed Wire auch einen Gedichtband publizierte.

 

Die örtliche Zeitung Courier schrieb über die Ankunft der ersten Internierten am 27. Mai 1940: »Es zeigte sich, dass die Fremden überwiegend Jugendliche oder mittleren Alters waren. Es waren praktisch keine älteren Männer unter ihnen. Als sie an Land kamen, trugen sie ihre Habseligkeiten in Koffern, Attaché-Koffern und Bündeln auf dem Rücken. Sie waren ein gemischtes Volk: einige gut gekleidet und mit Zeichen des Wohlstands, andere waren von niedrigerem Gebaren und trugen Segeltuchschuhe. Ein Fremder hatte seinen Hund bei sich: ein anderer trug – etwas optimistisch – eine Angelrute. Wiederum ein anderer hielt eine Schreibmaschine in der Hand.«

 

Franz Cahns Frau Annie war mit Tochter Renate im Süden der Insel interniert. Nach ihrer Entlassung erwarben die Cahns die britische Staatsbürgerschaft. Franz Cahn arbeitete in der Wirtschaft, zuletzt als Abteilungsleiter.

 

Er starb am 5. Oktober 1965 im Universitätskrankenhaus St. Pancras in London im Alter von 64 Jahren.

 

GB-GRO; GB-NAI; GB-SEW; StadtAN: C 21/III, C 21/X, C 27/III; WR

 

Quelle: 

Siegler, Bernd (2022): Heulen mit den Wölfen. Der 1.FC Nürnberg und der Ausschluss seiner jüdischen Mitglieder. Fürth: starfruit publications

Druckversion | Sitemap
© SFZ Jean-Paul-Platz - letzte Aktualisierung 27.09.2025