Diese Biographie wurde uns für das Schülerprojekt im Rahmen des Jenö-Konrad-Cup 2024 freundlicherweise von Herrn Bernd Siegler zur Verfügung gestellt:
* 22. 4. 1910, Nürnberg
† Mai 1967, Washington D.C. (US)
Wilhelm Strauß trat am 1. März 1933 als Referendar dem 1. FC Nürnberg bei, die Abteilung wurde in der Mitgliedskartei nicht vermerkt. Schon zwei Monate später, am 30. April 1933, strich der Club ihn wieder aus der Mitgliederliste und markierte dies auf seiner Karteikarte mit dem Stempel »30. APR. 1933«. Den letzten Beitrag hatte er für Mai 1933 entrichtet.
Der Kaufmann Wilhelm Strauß wurde am 22. April 1910 als Sohn des jüdischen Rechtsanwalts und Justizrates Dr. Siegfried Strauß und dessen Ehefrau Lucia (geb. Wolff) geboren. Sein Vater hatte 1898 in Erlangen promoviert, 1903 seine Zulassung in Würzburg und Nürnberg erhalten und wurde 1924 zum Justizrat ernannt. Zusammen mit seinem drei Jahre jüngeren Bruder Hans Emil wuchs Wilhelm Strauß in der Meuschelstraße 3 auf.
Nach der Machtübernahme durch die Nazis und verschiedenen Presseangriffen erlitt der Vater von Wilhelm Strauß einen Nervenzusammenbruch und beging am 26. April 1933 in einem Sanatorium in Esslingen Selbstmord. Am 26. August 1933 meldete sich Wilhelms Mutter Lucia nach Frankfurt ab.
Laut Meldedatei wurde Wilhelm Strauß am 5. September 1933 nach Heidelberg abgemeldet. Am 10. Oktober 1933 heiratete er dort Hilde (Hilda) Siegel. Beide emigrierten nach Frankreich und wohnten zuletzt in der Gemeinde Le Passage d’Agen im Département Lot-et-Garonne.
Wilhelm Strauß und seine Frau Hilde emigrierten im Dezember 1935 mit dem Schiff »Conte di Savoia« von Nizza nach New York. Mit 700 Dollar in der Tasche kamen sie dort am 24. Dezember an. In seiner Declaration of Intention vom 5. August 1936 gab Wilhelm Strauß als Beruf »Fotograf« an.
Als William Sigfrid Strauß wurde er im Oktober 1940 in Arlington, Virginia, für die US-Army registriert. Er arbeitete damals als Offset-Druckvorlagenhersteller. Wilhelm Strauß verstarb im Mai 1967 in Washington D.C. im Alter von 57 Jahren.
Seine Mutter wurde am 11. Juni 1942 mit insgesamt 1.252 Juden mit dem Zug »Da 18« von Frankfurt nach Lublin in Polen deportiert. Dort wurden rund 200 Männer im Alter zwischen 15 und 50 Jahren, die als arbeitsfähig galten, abgesondert und beim Aufbau des nahegelegenen Konzentrationslagers Majdanek eingesetzt. Alle Frauen, Kinder und die übrigen Männer wurden in die Waggons zurückgetrieben, in das Vernichtungslager Sobibór gebracht und dort ermordet.
Wilhelms Bruder Hans Emil hatte sich Mitte Dezember 1933 nach Palästina (Jerusalem) abgemeldet und emigrierte in die USA. Er nannte sich fortan Harry E. Strauß und starb am 30. April 1997 in Florida.
AA; http://www.tenhumbergreinhard.de/transportliste-der-deportierten/transportliste- der-deportierten-1942/transport-11061942-frankfurt-am-main.html (aufgerufen am 20. 11. 2021); NARA; StadtAN: C 21/X; US-PL; WR
Quelle:
Siegler, Bernd (2022): Heulen mit den Wölfen. Der 1.FC Nürnberg und der Ausschluss seiner jüdischen Mitglieder. Fürth: starfruit publications