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Diese Biographie wurde für das Schülerprojekt im Rahmen des Jenö-Konrad-Cup 2024 freundlicherweise von Herrn Bernd Siegler zur Verfügung gestellt:

 

Steinlein, Hella

* 10. 8.1909, Nürnberg

† 17. 5.1977, Manhasset, New York (US)

 

Am 1. Juli 1927 wurde Hella Kaufmann Mitglied des 1. FC Nürnberg in der Tennis- und in der Schwimmabteilung. Als Beruf gab sie »Haustochter« an. Am 30. April 1933 entfernte der Club sie aus der Mitgliederliste und markierte dies auf ihrer Karteikarte mit dem Stempel »30. APR. 1933«. Ihren letzten Mitgliedsbeitrag hatte sie für den März 1933 entrichtet.

 

Hella Kaufmann wurde am 10. August 1909 in Nürnberg als Tochter des jüdischen Papiermühlenbesitzers Bert(h)old Kaufmann und dessen Frau Mathilde »Tilly« (geb. Einhorn) geboren. Zusammen mit ihrem älteren Bruder Werner wohnten sie in der Erlenstegenstraße 41.

 

Bertold Kaufmann war ab 1903 alleiniger Besitzer der 1852 von Wilhelm Stern gegründeten Fürther Buntpapierfabrik, die unter anderem Glanz- und Chromopapiere, Gold- und Silberpapier sowie Prägedrucke herstellte. Die Waren wurden nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz, in

 

Italien und in den USA verkauft. Die Universität Erlangen verlieh Kaufmann für seine Verdienste in der Buntpapierfabrikation die Ehrendoktorwürde.

 

Hella Kaufmann besuchte ab September 1920 die Städtische Höhere Mädchenschule in der Labenwolfstraße 10 (heute: Labenwolf-Gymnasium). Gemäß Angaben der Schule war sie keine einfache Schülerin und schnitt laut der »besonderen Schulzensur« im Schuljahr 1923/24 schlecht ab: »Körperliche Anlagen und ihre Verwertung: mittelmäßig«, »geistige Anlagen und ihre Verwertung: gering«, »seelische Veranlagung, Gemüt, Wille: zerstreut«, und:

 

»Fleiß lässt sehr zu wünschen übrig, schwätzt sehr stark«.

Am 4. November 1925 schrieb die Schule an ihren Vater: »Das Betragen Ihrer Tochter gibt fortwährend zu Klagen Anlass. Wenn die Störung des Unterrichts durch ihr Schwätzen und ihre Unruhe nicht aufhört, werde ich mich veranlasst sehen, eine Rektoratsstrafe für sie zu beantragen.«

 

Nachdem Hella Kaufmann die Prüfung nicht bestanden hatte, verließ sie am 25. März 1926 die Schule.

 

Am 2. Juli 1929 heiratete sie den jüdischen Kaufmann Fritz Steinlein, der in der Bärenschanzstraße 3 eine Hopfengroßhandlung betrieb. Das Ehepaar wohnte in der Rankestraße 60. Am 27. August 1930 wurde Sohn Peter in Nürnberg geboren.

 

Laut Meldedatei wurde die ganze Familie am 21. August 1933 abgemeldet. Sie verfügte über beste Beziehungen in die USA, war doch schon Vater Bertold im Oktober 1889 von Bremen in die USA emigriert und seit Februar 1896 US-Bürger. Am 21. Juli 1923 stellte er noch einmal das Einbürgerungsgesuch (Declaration of Intention) und bekräftigte, dass er weder Anarchist noch Polygamist wäre. Hellas Mutter Mathilde war im August 1925 von Southampton in die USA emigriert, Bruder Werner folgte am 28. März 1926. Die Mutter stellte ihr Einbürgerungsgesuch im Oktober 1933.

 

Im gleichen Jahr wurde die Firma aufgrund der nach dem Ersten Weltkrieg stark gefallenen Preise für die hergestellten Papiere an die New Yorker »A.G. Kupfer Bros. Co., New York« verkauft. Vater Bertold Kaufmann war zunächst Generalbevollmächtigter der europäischen Fabriken und später deren Präsident.

 

Hella Steinlein und Sohn Peter emigrierten am 2. August 1934 mit dem Schiff »Manhattan« von Le Havre in die USA. Sie kamen eine Woche später in New York an und nannten als letzten Wohnsitz Berlin und als Kontaktperson in den USA Vater Bertold. Hella Steinlein bekundete ihre Absicht, US-Staatsbürgerin zu werden.

Hellas Mann Fritz kam am 2. Mai 1935 von Le Havre aus mit dem Schiff »Washington« nach. Das Ehepaar hieß fortan Fred Jack Stanton und Hella Stanton. Die beiden pendelten mehrfach zwischen Europa und den USA. Mit dem am 27. Dezember 1935 in Zürich geborenen Sohn Charles Steinlein fuhr Hella Steinlein am 22. April 1936 mit der »Washington« von Hamburg nach New York. Auch ihr Sohn Peter war mit an Bord. Die vierköpfige Familie kam am 30. April 1936 in New York an.

 

Anfang Mai 1939 wurden sie der deutschen Staatsangehörigkeit offiziell für verlustig erklärt. Laut US-Volkszählung von 1940 wohnte Hella Stanton mit Mann Fred, den Söhnen Peter York und Charles Percy sowie den Schwiegereltern und zwei Dienstmädchen in Kensington, Nassau County, im Bundesstaat New York. Später zogen sie nach Great Neck, Nassau.

 

Im März 1949 starb Hellas Vater in den USA, im November 1953 verstarb ihr Bruder Werner, Ende Mai 1955 ihre Mutter, und am 15. April 1973 ihr Mann Fritz.

 

Hella Steinlein (Stanton) starb am 17. Mai 1977 im Alter von 67 Jahren in Manhasset, Nassau County, New York.

 

D-BH; D-NJ; https://www.fuerthwiki.de/wiki/index.php/F%C3%BCrther_Buntpapierfabrik (aufgerufen am 14. 11. 2021); NA-NY; NARA; StadtAN: C 21/X, C 105, C 27/III;

US-NYC; US-PL

 

Quelle: 

Siegler, Bernd (2022): Heulen mit den Wölfen. Der 1.FC Nürnberg und der Ausschluss seiner jüdischen Mitglieder. Fürth: starfruit publications

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© SFZ Jean-Paul-Platz - letzte Aktualisierung 27.09.2025